Wir haben uns nicht getraut!

Gedanken zum Valentinstag 2022.

Leute heirat­en aus Lust und Liebe, aus prak­tis­chen und finanziellen Grün­den oder ein­fach auf­grund von Kon­ven­tio­nen. Viele Men­schen wer­den zur Heirat gezwun­gen, anderen Paaren ist die Ehe nicht erlaubt und zahlre­iche Eheleute dür­fen nicht zueinan­der.

Wir sind priv­i­legiert, denn wir dür­fen heirat­en und hät­ten viele materielle Vorteile dadurch. Aber wir haben uns bish­er dage­gen entsch­ieden. Wir genießen es zu sehr, dass wir nicht aneinan­derge­bun­den sind.

Diese Entschei­dungs­frei­heit haben viele Men­schen in unserem Umfeld nicht. Für sie ist eine Heirat die aufen­thalt­srechtliche Grund­lage dafür, über­haupt zusam­men sein zu kön­nen. Wir ken­nen erfreulicher­weise Beziehun­gen, die trotz­dem gelin­gen. Aber wir wis­sen auch von Paaren, die an den daraus erwach­senden Zweifeln und Abhängigkeit­en zer­brochen oder nie anderes als Not- oder Zwangs­ge­mein­schaften gewe­sen sind.

Liebe hat unter Bedin­gun­gen glob­aler Ungle­ich­heit schlechte Voraus­set­zun­gen. Bei ungle­ichen Zugän­gen zu Sicher­heit, Ressourcen, Sta­tus und Macht ist es nicht leicht, sich in Augen­höhe zu begeg­nen und Beziehun­gen frei von materiellen Zwän­gen einzuge­hen. In ein­er postkolo­nialen, kap­i­tal­is­tis­chen Welt sind Beziehun­gen oft asym­metrisch und von Not­la­gen und Aus­beu­tungsstruk­turen geprägt.

Natür­lich agieren auch wir nicht frei von Asym­me­trien und kön­nen uns nur in ständi­ger Auseinan­der­set­zung und Aushand­lung darum bemühen, uns einen ler­nen­den und respek­tvollen Raum zu schaf­fen, in dem wir frei und gle­ich­berechtigt zusam­men sein kön­nen. Das gelingt uns nicht immer, aber doch recht gut, weil wir uns immer wieder frei füreinan­der entschei­den kön­nen.

Am Valentin­stag denken wir an die vie­len Men­schen, für die das Kon­strukt der Ehe keine Freude ist, und wün­schen uns eine Welt, in der Liebe sich frei ent­fal­ten kann.