Leute heiraten aus Lust und Liebe, aus praktischen und finanziellen Gründen oder einfach aufgrund von Konventionen. Viele Menschen werden zur Heirat gezwungen, anderen Paaren ist die Ehe nicht erlaubt und zahlreiche Eheleute dürfen nicht zueinander.
Wir sind privilegiert, denn wir dürfen heiraten und hätten viele materielle Vorteile dadurch. Aber wir haben uns bisher dagegen entschieden. Wir genießen es zu sehr, dass wir nicht aneinandergebunden sind.
Diese Entscheidungsfreiheit haben viele Menschen in unserem Umfeld nicht. Für sie ist eine Heirat die aufenthaltsrechtliche Grundlage dafür, überhaupt zusammen sein zu können. Wir kennen erfreulicherweise Beziehungen, die trotzdem gelingen. Aber wir wissen auch von Paaren, die an den daraus erwachsenden Zweifeln und Abhängigkeiten zerbrochen oder nie anderes als Not- oder Zwangsgemeinschaften gewesen sind.
Liebe hat unter Bedingungen globaler Ungleichheit schlechte Voraussetzungen. Bei ungleichen Zugängen zu Sicherheit, Ressourcen, Status und Macht ist es nicht leicht, sich in Augenhöhe zu begegnen und Beziehungen frei von materiellen Zwängen einzugehen. In einer postkolonialen, kapitalistischen Welt sind Beziehungen oft asymmetrisch und von Notlagen und Ausbeutungsstrukturen geprägt.
Natürlich agieren auch wir nicht frei von Asymmetrien und können uns nur in ständiger Auseinandersetzung und Aushandlung darum bemühen, uns einen lernenden und respektvollen Raum zu schaffen, in dem wir frei und gleichberechtigt zusammen sein können. Das gelingt uns nicht immer, aber doch recht gut, weil wir uns immer wieder frei füreinander entscheiden können.
Am Valentinstag denken wir an die vielen Menschen, für die das Konstrukt der Ehe keine Freude ist, und wünschen uns eine Welt, in der Liebe sich frei entfalten kann.
Wir haben uns nicht getraut!
Gedanken zum Valentinstag 2022.