Solidarischer Lockdown

Wir müssen dem Virus die Basis entziehen.

Neben mir wohnen Leute, die regelmäßig Feste feiert. Es sei ihnen vergön­nt, schließlich bleiben sie in ihrer Wohnge­mein­schaft unter sich. Die laute Musik, das Lachen, Klir­ren von Gläsern und Klap­pern von Wür­fel­bech­ern schallt abends durch das Fen­ster zu mir rüber wie ein Gruß aus der Vergangenheit.

Ich ver­bringe manch­mal zehn Stun­den am Tag mit Videokon­feren­zen. Son­st bin ich danach oft noch eine Runde um den Hafen spazieren gegan­gen, um möglichst kon­tak­t­los an die frische Luft zu kom­men. Aber ich habe keinen Hund, also bleibe ich zu Hause, liege auf dem Sofa und lausche den Klän­gen von nebenan.

An guten Tagen inter­pretiere ich die Geräuschkulisse als ein Ver­sprechen für die Zukun­ft, an schlecht­en überkommt mich ein biss­chen Neid. Dabei geht es mir gut. Ich kann ungestört im Home­of­fice arbeit­en, mein Sohn ist erwach­sen. Ich lebe allein, doch mein Fre­und darf mich besuchen, weil wir ein Paar sind.

Andere haben nicht das Glück. Viele sitzen momen­tan allein zu Hause, andere müssen Arbeit und Kinder­be­treu­ung par­al­lel bewälti­gen. Etliche kämpfen mit Exis­ten­zäng­sten, andere begeben sich jeden Tag beru­flich in Infek­tion­s­ge­fahr. Und dann gibt es noch die vie­len Men­schen, die ger­ade infiziert sind oder um kranke Ange­hörige bangen.

Denn die Pan­demie rast weit­er und die Maß­nah­men tre­f­fen uns nicht alle gle­ich. Der Lock­down konzen­tri­ert sich auf das Pri­vatleben und Branchen, die mit Freizeitak­tiv­itäten verknüpft sind, während viele Bere­iche der Arbeitswelt weit­er­laufen: Frachtzen­tren, Fleis­chfab­riken und andere Pro­duk­tion­sstät­ten … und auch Abholzarbeit­en oder Räumkommandos.

Viele sprechen davon, wir müssten uns ein­fach mit der pan­demis­chen Lage arrang­ieren und allmäh­lich zum All­t­ag zurück­kehren, weil die psy­chis­chen, sozialen und wirtschaftlichen Ressourcen der Men­schen aufge­braucht sind. Doch die Erschöp­fung liegt aber ins­beson­dere daran, dass die jet­zi­gen Maß­nah­men die Belas­tun­gen nicht aus­re­ichend abfedern.

Wir müssen dem Virus die Basis entziehen und gle­ichzeit­ig die vie­len Prob­leme ange­hen, die in der Krise sicht­bar gewor­den sind. Repres­sive Maß­nah­men sind dabei keine Lösung, son­dern Teil des Prob­lems. Wir müssen vielmehr Bedin­gun­gen schaf­fen, die einen sol­i­darischen Lock­down ermöglichen. Dafür lohnt der Blick auf das Konzept von ZeroCovid.

Ich unter­stütze den Dringlichkeit­santrag an den 7. Parteitag der LINKEN am 26./27. Feb­ru­ar für einen Aktion­s­plan der LINKEN zum Schutz gegen das Coro­n­avirus, weil ich möchte, dass wir aus dieser Krise ler­nen … und weil ich irgend­wann selb­st wieder feiern möchte.