Viele der Geflüchteten, die ich kenne, sind aufgrund ihrer Weltanschauung, sexuellen Orientierung oder Identität mehrdimensional benachteiligt. Die Diskriminierung in ihren Herkunftsgruppen wird oftmals durch ähnliche Vorurteile in der deutschen Umgebung potenziert und zusätzlich durch Alltagsrassismus aufgrund der zugeschriebenen Herkunft oder Religion verstärkt. Dazu kommt die strukturelle Benachteiligung von Frauen und queeren Menschen in der deutschen Gesellschaft insgesamt.
Eine Serie besonders drastischer Menschenrechtsverletzungen hat es kürzlich in die Schlagzeilen geschafft: In mindestens mehreren Fällen haben Anwälte des Auswärtigen Amts homo- und bisexuelle Menschen in ihren Herkunftsländern geoutet, obwohl dort für homosexuelle Handlungen dort lange Haftstrafe und zum Teil sogar die Todesstrafe verhängt werden. Die involvierten deutschen Ministerien haben die Fehler eingestanden und Abhilfe versprochen.
Dass es aber überhaupt zu solchen Outingfällen kommen kann, zeugt von einer unfassbaren Ignoranz, die auch in vielen Asylentscheidungen sichtbar wird. Immer wieder gibt es Berichte davon, dass queere Menschen im Asylinterview der Lüge bezichtigt werden, weil sie »nicht schwul genug« aussehen oder keine expliziten Fotos vorlegen können. Dabei ist es vielmehr so, dass viele queere Geflüchtete ihre sexuelle Orientierung oder Identitär sogar im Interview aus Angst verschweigen.
Laut Bericht der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association aus 2020 sind einvernehmliche homosexuelle Handlungen in 67 UN-Mitgliedstaaten unter Strafe gestellt, in zwei weiteren UN-Mitgliedstaaten ist Homosexualität de facto kriminalisiert. In 6 dieser Staaten ist die Todesstrafe vorgesehen, in 5 weiteren ist die Verhängung einer Todesstrafe möglich. Queere Personen erleben überall auf der Welt Diskriminierung und Gewalt.
Wir können zumindest dafür Sorge tragen, dass die sich die Situation queerer Geflüchteter bei uns bessert!
Wir fordern dezentrale Unterbringung von queeren Geflüchteten (wie insgesamt von geflüchteten Menschen), Zugang zum Internet, Recht auf barrierefreie, gesundheitliche Versorgung unabhängig vom Aufenthaltsstatus und den Ausbau spezifischer Vernetzungs- und Hilfsangebote für queere Geflüchtete.
Verfolgte queeren Menschen muss uneingeschränkt Schutz gewährt werden. Sie dürfen nicht abgeschoben werden – auch nicht in sogenannte sichere Herkunftsländer. Wir wollen flächendeckend Fachstellen, wo sich queere Geflüchtete zum Asylverfahren sowie zum Aufenthalts- und Migrationsrecht beraten lassen können. Auch müssen flächendeckende Angebote psychologischer Beratung für queere Geflüchtete sichergestellt werden.