Natürlich hätte auch ich diese Zeit lieber mit Weihnachtsmärkten und sonstiger Gemütlichkeit in größeren Runden verbracht. Sehr gerne hätte ich auch meinen Geburtstag ausgiebig gefeiert. Stattdessen teste ich mich fast täglich, vermeide Menschenansammlungen weitestgehend, habe mir einen Boostertermin besorgt und hoffe, dass ich damit dazu beitragen kann, die Pandemie in den Griff zu bekommen. Ich würde mir wünschen, dass andere es auch so handhaben. Aber ich weigere mich, Menschen dafür zu hassen, dass sie es nicht tun.
Seit Beginn der Pandemie erschüttern mich die Bilder der Menschen, die mit wutverzerrten Gesichtern von Diktatur sprechen und gegen »die da oben« wettern. Ich bin fassungslos darüber, dass Menschen, die die geltenden Infektionschutzsregeln durchsetzen müssen, bedroht und angegriffen werden. Aber ich bin ehrlich gesagt genauso entsetzt darüber, wie einige jetzt über die Menschen sprechen, die sich nicht impfen lassen möchten.
Ich glaube nicht, dass wir die Probleme der Welt mit Wut und gegenseitigen Schuldzuweisungen in den Griff bekommen. Und ich weigere mich, Menschen dafür abzuwerten, dass sie andere Lebensentscheidungen treffen als ich. Ich esse keine Tiere, denn ich finde es ethisch falsch und klimabezogen mindestens grob fahrlässig. Aber ich habe noch nie andere für ihre Ernährungsangewohnheiten gehasst. Ich versuche stattdessen, anderen veganes Lebens schmackhaft zu machen und ihnen sanft missionierend die Angst davor zu nehmen, auf Genuss verzichten zu müssen. Diese Haltung möchte ich mir auch bei allen anderen Differenzen bewahren.
Einige werden einwenden, dass es in der Pandemie um Leben und Tod geht. Darum geht es bei unserem Konsumverhalten aber tatsächlich auch. Und deshalb verstehe ich auch, wenn staatliche Maßnahmen ergriffen werden. Aber den Hass werde ich nie akzeptieren. Selbst wenn ich mich jetzt dafür hasst.