Haft ohne Straftat

Abschiebegefängnis in Glückstadt.

Der August wird ein trau­riger Monat für Schleswig-Hol­stein, denn Mitte August wird das Abschiebege­fäng­nis in Glück­stadt fer­tig­stellt sein. Es han­delt sich um ein Gemein­schaft­spro­jekt der Län­der Ham­burg, Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Schleswig-Hol­stein, die jew­eils 20 Plätze bele­gen dür­fen. Hier wer­den Men­schen einges­per­rt wer­den, die keine Straftat began­gen haben. 

Die Haft dient allein dazu, Aus­reisepflichtige daran zu hin­dern, sich ein­er bevorste­hen­den Abschiebung zu entziehen und darf nur in Fällen ange­ord­net wer­den, wo ein­deutige Ver­dachtsmo­mente ein­er Vere­it­elung der Abschiebung vor­liegen, auch müssen Betrof­fene vor ein­er Entschei­dung ange­hört und der Grund­satz der Ver­hält­nis­mäßigkeit gewahrt werden. 

Diese rechtsstaatlichen Prinzip­i­en wer­den aber in der Regel nicht gewahrt. Bish­erige Unter­suchun­gen zeigen eine Fehlerquote von bis zu 60 Prozent. Stellt euch mal die Empörungswelle vor, wenn andere Gefäfnisse so eine Fehlerquote aufweisen würden. 

Alle Unter­suchun­gen zeigen auch, dass das Vorhan­den­sein von Abschiebege­fäng­nis­sen zwar zu erhe­blich mehr Inhaftierun­gen führt, aber nicht zu mehr Abschiebun­gen. Abschiebun­gen scheit­ern näm­lich eher sel­ten daran, dass Men­schen unter­tauchen, son­dern an Prob­le­men bei der Beschaf­fung von Reise­doku­menten, und daran ändert sich in Haft nichts. Dafür wer­den Men­schen in Haft krank, Abschiebege­fäng­nisse führen zu höheren Suizid- und Selbstverletzungsraten.

Kein Bun­des­land ist dazu verpflichtet, eine Abschiebeein­rich­tung vorzuhal­ten. Die Grü­nen haben ihre Zus­tim­mung zum Bau der Abschiebege­fäng­nis in Schleswig-Hol­stein damit begrün­det, so könne die Regierung für human­itäre Haftbe­din­gun­gen sor­gen. Human­itäre Haftbe­din­gun­gen für Unschuldige — ein Oxy­moron ist übri­gens die Beze­ich­nung für eine For­mulierung aus gegen­sät­zlichen, einan­der wider­sprechen­den oder sich gegen­seit­ig auss­chließen­den Begrif­f­en gebildet wird.

Migra­tion und Flucht sind Teil der Men­schheits­geschichte. Solange es glob­ale Ungle­ich­heit, Kriege und Naturkatas­tro­phen gibt, gehört die kon­struk­tive Auseinan­der­set­zung mit Ein­wan­derung zu unseren poli­tis­chen Auf­gaben. Wir kön­nen uns nicht vom Elend der Welt abschot­ten. Wir brauchen geord­nete Fluchtwege, faire Asylver­fahren, unbürokratis­che Ein­wan­derungsmöglichkeit­en und effek­tive Bleiberecht­sregelun­gen für ein bere­ich­ern­des und sicheres Zusammenleben.

Wenn wir die Mil­lio­nen, die wir in Abschot­tun­gen und Abschiebun­gen steck­en stattdessen in Teil­habe­maß­nah­men steck­en wür­den, sähe unser Zusam­men­leben bess­er aus und würde auch effek­tiv­er in die Herkun­ft­slän­der wirken, als jede Entwick­lung­shil­fe es jemals zu tun vermag.