Die Schwester meines Uropas wurde Opfer der NS-»Euthanasie«. Sie war eine von mindestens 200.000 Männer, Frauen und Kinder, die ermordet wurden, weil sie eine Behinderung hatten oder psychisch krank waren. Nicht nur am heutigen Gedenktag, auch sonst muss ich oft daran denken, wie sehr sich dieser Mord in die Familiengeschichte eingebrannt hat. Ich erinnere mich auch noch gut daran, dass bei uns im Dorf eine Frau lebte, die eine von schätzungsweise 400.000 Menschen war, die zwangssterilisiert wurden. Ein Puzzlestein von vielen, die sich in meiner Kindheit irgendwann zu einem entsetzlichen ganzen Bild der unheimlichen und damals gar nicht so fernen Vergangenheit zusammensetzte.
Das Wissen um diese Vergangenheit soll uns eine ewige Mahnung sein und ein Antrieb, uns gegen jede Form von Ableismus zu engagieren. Behinderte und psychisch kranken Menschen werden noch immer benachteiligt, stigmatisiert und ausgegrenzt. Und die Vorstellung von einer angeblichen menschlichen Norm durchdringt alle gesellschaftlichen Bereiche. Das gute Leben für alle, bedeutet die ganze menschliche Vielfalt – körperlich, psychisch und neurobiologisch – zu begrüßen und einen guten Rahmen zu geben.