Heute vor 50 Jahren hat der erste Welt-Roma-Kongress in London stattgefunden und seit dem vierten Welt-Roma-Kongress im Jahr 1990 wird der Welt-Roma-Tag international am 8. April begangen.
Der internationale Feiertag zelebriert nicht nur den kulturellen Reichtum, er erinnert auch an die Geschichte der Roma und Sinti, die von grausamer Verfolgung und Ausgrenzung geprägt ist. Und er mahnt zur Auseinandersetzung mit der Gegenwart. Denn obwohl die Situation der Roma und Sinti in den vergangenen 50 Jahren etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen hat, fehlt es weiterhin an echter Gleichstellung und Anerkennung der größten ethnischen Minderheit Europas. Die aktuelle Pandemie ist ein Brandbeschleuniger für Ungleichheit. Viele Roma erleben derzeit eine massive Verschlechterung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Der Zugang zu angemessen bezahlter Arbeit, guter Bildung, Gesundheitsversorgung und menschenwürdigen Wohnraum ist vielen Roma in Europa verschlossen. Auch weil viele Roma weiterhin staatenlos sind und nicht über Identitätsnachweise verfügen.
Antiziganismus ist historisch gewachsenen, medial befeuert und nach wie vor tief in unserer Gesellschaft verankert. Und bei der gesellschaftlichen Anerkennung des kulturellen Reichtums bleibt es oft bei Lippenbekenntnissen offizieller Stellen, die wenig Wirkung im Alltag entfalten. Diskriminierung und Ausgrenzung gehört für viele Sinti und Roma auch in Deutschland zum Alltag. Viele Menschen verschweigen ihre kulturelle Identität aus Angst vor Anfeindungen und Gewalt. Auch die Sorge vor rassistischer Ausgrenzung auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt ist leider berechtigt. In einer Studie der Universität Leipzig von 2016 gaben 57,8 % der Befragten an, dass sie ein Problem damit hätten, wenn Sinti und Roma in ihrer Nähe wohnen würden. Dabei haben die wenigsten der Befragten vermutlich bewusste Erfahrungen mit Roma und Sinti. Bilder im Kopf formen die Wirklichkeit. Der Kampf gegen Antiziganismus geht uns alle an und fängt in unseren Köpfen an.