Ich bin erschöpft, enttäuscht und traurig. Traurig, weil ein innerstädtisches Biotop unwiederbringlich zerstört ist. Enttäuscht, weil das eigenmächtige Vorgehen der Investoren mit einer Räumung belohnt wird. Erschöpft, weil ich heute furchtbare Angst gehabt habe um das Leben der jungen Klimaaktivist*innen in den Bäumen.
Ich bin auch empört, desillusioniert und wütend. Wütend, weil ein Bauvorhaben mit den zu erwartenden Massenprotesten mitten in einer Pandemie durchgezogen wird. Desillusioniert, weil ich bis zuletzt die Hoffnung gehabt habe, dass ein Umdenken in Politik und Verwaltung möglich ist. Empört, weil ich den Umgang mit den Protestierenden intransparent und kontraproduktiv finde.
Klimagerechtigkeit bedeutet nicht nur, die weltweiten Proteste zu loben. Wir müssen dafür auch hier vor Ort einen Schalter im Kopf umlegen: Es ist nicht verrückt, Bäume zu schützen. Es wäre verrückt es nicht zu tun.
Die Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements bedeutet nicht nur, geordnete Bürger*innenbeteiligungsverfahren zu entwickeln. Wir müssen ungeordnete, spontane Bewegungen ernst nehmen, Impulse aufgreifen und im Dialog bleiben.
Ich möchte nicht in einer Stadt leben mit Hochglanzhotels und Massenkultur, die allein der Profitmaximierung dienen. Ich möchte an einem Ort leben, wo Gemeinschaft von unten wachsen kann, wo Menschen quer zu Unterschieden zusammen kommen und das gute Leben selbst gestalten können.
Ich wünsche mir eine Stadt mit Luftschlossfabriken, Kulturprojekten, Sportplätzen, Wagenleben, Fledermäusen, Bäumen und bunten Aufklebern in der Norderstraße. Ich will Räume schaffen, wo ein Blick auf in eine bessere Welt möglich ist, wo Utopie erprobt werden kann.
In Flensburg entstehen immer wieder solche Orte, wo unterschiedlichste Menschen zusammen wirken und ein Moment der Hoffnung entsteht. Den Wald hat es leider nicht gerettet. Und im Moment rast die Wut und Verzweiflung. Ich hoffe, dass wir uns davon nicht entmutigen lassen, sondern weiter streiten für eine lebenswerte Stadt.