Moin, leewe Lüüd!

Gedanken zur nichtbinären Woche.

Die Non-Bina­ry Week (nicht­binäre Woche) find­et in diesem Jahr vom 12.–18. Juli statt und soll für die Belange von Men­schen sen­si­bil­isieren, die wed­er (auss­chließlich) weib­lich oder männlich sind. 

Inter­es­san­ter­weise ist davon in mein­er Time­line kaum etwas zu spüren. Selb­st in mein­er linken Fil­terblase, der gerne unter­stellt wird, sich zu viel um geschlechtliche Iden­tität zu küm­mern, find­et das The­ma kaum Beachtung. 

Vielle­icht liegt es genau an dieser Unter­stel­lung, dass sich viele gar nicht mehr an das The­ma rantrauen, weil ihnen dann sofort vorge­wor­fen wird, die Frage der sozialen Gerechtigkeit zu ver­nach­läs­si­gen. Das ist beson­ders bizarr, wenn der Vor­wurf von Men­schen kommt, die sich wed­er mit der einen noch anderen Frage auseinandersetzen. 

Mich erin­nert diese Debat­te ein wenig an die Diskus­sion im Jahr 2015. Als wir uns für Men­schen auf der Flucht einge­set­zt haben, sind sofort Stim­men laut gewor­den, wir soll­ten uns doch lieber um obdachlose Men­schen küm­mern. Dabei haben sich ger­ade die Men­schen in der Willkom­men­skul­tur engagiert, die auch son­st sozial engagiert sind. 

Ein Engage­ment für das gute Leben für alle ist keine Frage von entwed­er-oder, son­dern von sowohl-als-auch. Es gibt keine soziale Gerechtigkeit ohne Geschlechterg­erechtigkeit – und das gilt umgekehrt natür­lich genauso. 

Und ja, es ist sprach­lich ein wenig kom­pliziert. Die deutsche Sprache ist auf weib­liche und männliche For­men aus­gelegt und es erfordert Mühe, Geduld und Gelassen­heit Wörter zu find­en, die mehr Men­schen inkludieren. Ich habe voll­stes Ver­ständ­nis dafür, dass es nicht alle kön­nen oder wollen. Aber ich habe kein Ver­ständ­nis dafür, dass Leute sich darüber aufre­gen, wenn andere sich um eine fre­undlichere Sprache bemühe.

Ich kenne es auch, dass es mich trig­gert, wenn andere Men­schen sorgsamer mit einem The­ma umge­hen, als es mir gelingt. Men­schen, die ganz ver­pack­ungs­frei leben, nur sec­ond­hand kaufen oder nie fliegen, lösen in mir ein latent schlecht­es Gewis­sen aus. Und natür­lich ist es attrak­tiv, das Gefühl damit abzuwehren, ihr Ver­hal­ten ein­fach abzuw­erten. Aber wenn wir diese Welt ern­sthaft zu einem fre­undlicheren Ort für viele machen wollen, nützt so ein Denkmuster wenig. Nur weil mir etwas fremd oder kom­pliziert erscheint, muss es nicht falsch oder bedrohlich sein. 

Die Tat­sache, dass viele Men­schen sich außer­halb der dominieren­den zweigeschlechtlichen Vorstel­lun­gen bewe­gen, bedro­ht meine eigene Geschlecht­si­den­tität über­haupt nicht. Und Sol­i­dar­ität mit nicht­binären Men­schen, schließt Engage­ment für soziale Gerechtigkeit nicht aus.